Dienstag 15.4.2025 Museumstag

Kühl und grau. So begann der Tag. Ich schlafe hier immer mit offener Balkontüre, weil nachts auch keine Autos mehr fahren und es sehr schön ruhig ist. Aber heute Morgen habe ich die Türe, bevor ich duschen gegangen bin, doch lieber geschlossen. Schade! 

Heute ist hier im Hotel viel los. Eine größere Gruppe junger Leute ist gestern eingezogen und naturgemäß sind sie nicht sehr leise und stehen auch gerne mal im Weg rum. Ich habe aber noch einen Tisch im Frühstücksraum ergattern können und irgendwie mögen die mich hier im Hotel. Ich habe zuerst meinen Kaffee bekommen und auch das Frühstück, obwohl die anderen eher da waren. Beschwert habe ich mich nicht. 


Als ich dann fertig war zum Ausgehen, hatte es sich der Himmel anders überlegt. Wenig Wolken, viel blau und viel Sonne. 

So lasse ich mir das gefallen. 








Erstes Ziel heute ist das hiesige Kunstmuseum. Hier gab es relativ viel Videokunst zu sehen, zu der ich leider nicht viel Zugang habe, die ich dementsprechend auch etwas langweilig fand. ich habe hier eigentlich keine Kunstwerke gefunden, die mich irgendwie mitgenommen haben. Das ist für mich immer so ein Kriterium. 












Interessant fand ich hingegen das Gebäude. Es gab auch einen Infobereich, wo ich dann erfahren habe, dass das in 1876 benutzt wurde, um Alkoholiker zu kurieren. Daher auch die vielen kleinen und leider fensterlosen Zellen oder Zimmer. Davor wurde es als Kloster für Franziskaner Mönche genutzt. Erbaut worden ist die ganze Anlage im Jahr 1739.




Schulklasse



Prinzipiell interessant hingegen war das archäologische Museum. (Museo de las culturas Aborigines) Hier werden Gegenstände entweder aus Stein geschnitzt oder aus Ton modelliert präsentiert, die in den Jahren 4000 v. Chr. Geburt bis 500 v. Chr. Geburt entstanden sind. Darunter Figuren, wie sie Däniken auch schon gefunden hat: Figuren in Raumfahrtausrüstung oder den Birdman, den Mann mit Flügeln. 


Erich von Däniken war ein Schriftsteller und Hobbyforscher, der unter anderem nachweisen wollte, dass die Menschheit von Astronauten anderer Planeten abstammt. Da kamen ihm die Figuren hier in Ecuador gerade recht.


Die Figuren sind sehr kunstvoll gearbeitet und werden auch in unterschiedlichen Posen gezeigt, teilweise werden auch Bewegungen angedeutet.


Der Raumfahrer

Der Wingman

In der Zeit wurden zylindrische Siegel benutzt, die zum Beispiel zur Kennzeichnung der Jagdgründe gebraucht wurden. Es wurde viele Dinge hier gezeigt, die ich eigentlich eher in unserer Zeit vermutet hätte. So wird hier einen Totenschädel gezeigt, wo man an den Zähnen sehr gut sehen kann, dass hier irgendwelche Schmuckelemente in die Zähne eingebracht wurden. Auch gibt es eine Figur, zwei Frauen, die als siamesische Zwillinge zusammengewachsen sind oder auch Männer, die am Strand liegen.












Mittelfristig macht es aber keinen Spaß, durch dieses Museum zu gehen, da hier gerade zwei Schulklassen unterrichtet werden. Eine von einem Lehrer und eine andere von einer Lehrerin. Und die Lehrerin hat leider eine sehr laute und schrille Stimme, so dass ich dann doch nur sehr oberflächlich durch das Museum gegangen bin.


Auf der Straße sieht man immer wieder besondere Gebäude. Natürlich sind es auch die alten Kolonialgebäude, aber an einer Ecke entdecke ich ein Haus mit einem sehr schönen Rund-Balkon und mit sehr extravaganten Regenrinnen - Ablässen. 






Nächstes Ziel ist das Museo Pumapungo.

Es ist ein ziemlich neues, sehr modernes und großzügig aufgemachtes Museum. Ziel der Ausstellung ist es, den Menschen hier die indigene Bevölkerung näher zu bringen. In Ecuador leben circa 20 Völker und noch über 20 Stammesgemeinschaften.

D.h., dass es hier ein großes Gemisch an verschiedenenartigen Menschen gibt. Und klar, je besser man sich kennt, umso besser kommt man miteinander aus.










Im ersten Moment erschließt sich mir das Museumskonzept nicht so ganz, aber es gibt zumindest eine Menge sehr sehr interessante Exponate. Ich schlendere erst einfach mal durch und lasse mich überraschen.

Leider ist die komplette Dokumentation in Spanisch und die hier benutzten Vokabeln gehören dann leider doch noch nicht zu meinem Wortschatz.Trotzdem wird klar, dass hier verschiedene Volksgruppen vorgestellt werden mit ihren Trachten, ihren Häusern und ihren Lebensgewohnheiten. Die Vielfalt ist unvorstellbar und teilweise scheinen die Menschen wirklich in einer anderen Zeit zu leben.












Gürteltier




Aber wirklich spannend wurde es, als die Volksgruppe der Shuar vorgestellt wurde.


Es gibt noch heute circa 50.000 Menschen, die die Sprache der Shuar aussprechen. Sie leben in Ekuador und in Peru. Sie sind bekannt für ihre ausgefeilte Jagdtechnik, aber auch für ihren Kampfesmut, wenn es um Verteidigung oder auch um Angriff geht.


Sie leben in Haushaltsgemeinschaft mitten zusammen, meistens ein Mann mit zwei Frauen und den Töchtern. Die Söhne werden in andere Haushalte gegeben, dafür ziehen die Schwiegersöhne in Spee in den ursprünglichen Haushalt. Die Frauen Gärtnern und die Männer jagen oder stellen Kleider her. 


Bis jetzt ist es eine langweilige Geschichte, spannend wird sie erst, wenn es um den Glauben und um andere Rituale geht.




In dem Glauben der Eingeboren gab es eine Zeit, wo alles Leben Menschen waren. Aber wegen gutem oder schlechtem Verhalten hat das höchste Wesen sie in verschiedene Tiere und Pflanzen verwandelt. 

Aus dem Grund betrachten die Eingeborenen Pflanzen und Tiere als ihre Brüder.


Die Eingeborenen nehmen Halluzinogen als Teil ihrer Kultur, damit können Sie in Verbindung mit ihren Göttern treffen..


Wenn die Frauen ihre erste Periode bekommen, dürfen Sie den Garten bestellen, und das ist das Zeichen, dass sie erwachsen werden. Von da dürfen sie auch heiraten. 

Und jetzt kommt‘s:


Die Männer präparieren die Köpfe von Tieren (meist Faultieren)und werden dadurch vorbereitet, Schrumpfköpfe herzustellen.

Ja, Schrumpfköpfe! 

Die Shua dürfen keine Menschen töten, weil sie nicht Herr des Lebens sind. Aber sie töten Menschen, die andere Menschen getötet haben, und das ist Teil des Rituals. 

Hinter dem Ritual steckt einerseits der Gedanke, dass der Geist des Mörders dann dem Opfer gehört. Außerdem ist es ein Transfer der Kraft an den „Vollstrecker“. 

Es geht hier nicht darum, Rache zu üben, sondern das kosmische Gleichgewicht wiederherzustellen. 

Als dann mehr und mehr Spanier und auch andere Europäer in das Land kamen und Kontakt mit den Shua aufnahmen, änderte sich etwas. Die Nachfrage nach den Schrumpfköpfen stieg rapide an und so geschahen in diesem Zusammenhang nicht nur Ritualmord sondern auch wirtschaftlich motivierte Taten.
















Hier im Museum sind fünf Schrumpfköpfe ausgestellt und sie sehen schon verrückt aus. Das Geheimnis der Herstellung ist wohl bis heute nicht entdeckt worden.


Hinter dem Museum gibt es noch eine Ausgrabungsstätte, die aber bis auf die Grundmauern nicht viel verrät.. es soll eine alte Inka-Festung sein.












Nach dem Museum habe ich erst mal genug Kultur und könnte jetzt was zu essen vertragen. Die Museen liegen leider alle ziemlich weit auseinander. Also kann ich noch mal anderthalb Kilometer bis zum Mercado laufen. Dabei komme ich immer mal wieder an Zetteln vorbei, die mit Tesafilm an die Wand geklebt sind. 




Irgendwann werde ich neugierig und schaue genauer hin. Sie sind nicht an die Wand geklebt, sondern an eine Öffnungen für Wasserzähler. Und auf dem Zettel steht, dass der Wasserzähler abgesperrt wurde und auch der Name des Inhabers dieses Wasserzähler und die Summe, die er schuldig ist. 


Hier werden also solche Probleme durchaus publik gemacht. 

Hart! 

Am Markt angekommen, gehe ich dann die ferngelenkt zu der Comida und dort in die Ecke, wo es die ganzen gebratenen Schweine gab. Als ich gestern da vorbeigegangen bin, hatte mir eine der Frauen ein großes Stück zum probieren geschenkt. Das habe ich dann heute honoriert und bin zu ihrem Stand gegangen und habe dort eine Portion für vier Dollar (Fleisch und Salat)  bestellt. 


Zum probieren!



Hölle, war das lecker. 

Es war super, die Schwarte war kaum zu beißen, aber die Mühe lohnte sich. Das Fleisch war fettfrei, sehr zart und sehr lecker und selbst der Salat hatte einen sehr leichtes, angenehmes Dressing, so dass das zu einer ausgezeichneten Mahlzeit zusammengeführt werden konnte.


Derart gesättigt brauchte ich erst mal eine kleine Pause und bin auf ein kleines Nickerchen ins Hotel gegangen. Danach bin ich zur Franziskus Kirche geschlendert, aber da war ein großer Menschenauflauf. Auf einem LKW war ein großes Kreuz aufgebaut und… die werden doch wohl nicht…?








Nein, es ist Osterwoche und die Prozessionen werden vorbereitet.


Das war die Gelegenheit. Während sie draußen in aller Ruhe wieder jemanden ans Kreuz schlugen, konnte ich ungefähr unbemerkt in die Kirche und sie mir mal in Ruhe ansehen. Es gibt viele Bilder / Statuen vom Leidensweg Christi und der Altar ist sehr überladen. So, als hätte jemand gesagt, bringt mir alles Gold her, was ihr habt und auch noch aus dem Nachbargemeinden und überhaupt. So kenne ich römische Kirchen. Etwas too much für meinen Geschmack.








Draußen wurden dann weiter die Wagen fertiggemacht und dann kamen auch mehrere Leute an, die Kostüme anhatten, wie der Ku Klux Klan, nur in lila. Aber auch in dieser Geschichte sind das bestimmt nicht die Guten, sie hatten aber trotzdem jede Menge Spaß.










Da es heute mein letzter Nachmittag hier war, bin ich nur noch ein wenig herumgeschlendert und habe an verschiedenen Kirchen die Vorbereitungen für die Umzüge gesehen. Ich denke heute Abend wird hier viel los sein.














Und so war es auch! Wie erwartet, war an der Kathedrale die Hölle los. Das ganze mutet (sorry to say) ein wenig wie ein Karnevalsumzug an. Ein Festwagen, auf dem eigentlich immer ein schwer verletzter Jesus zu sehen ist, dahinter einer eine Kapelle, die irgendwelche Lieder auf Blechinstrumenten spielt. Man hat aber auch den Eindruck, dass diese Kapelle heute zum ersten Mal zusammen spielt und einige der Musiker auch nicht so viel geübt haben. Trotzdem sind rund um die Plaza wahrscheinlich mehrere 1000 Menschen versammelt, die das alles filmen. Und wie beim Karnevalsumzug, ist auch hinter dieser Parade die Müllabfuhr. Aber zugegeben, am Fuße der mächtigen Kathedrale ist das sehr prächtig.


Die Geschichte Ecuadors beginnt mit den indigenen Kulturen, die das Land vor der Ankunft der Europäer prägten. Später wurde das Gebiet Teil des mächtigen Inka-Reichs, mit Quito als einer seiner wichtigsten Städte. 1534 eroberten die Spanier das Land und machten es zur Kolonie. Ecuador gehörte zunächst zum Vizekönigreich Peru, dann zum Vizekönigreich Neugranada. Nach einem langen Kampf erklärte es 1822 seine Unabhängigkeit von Spanien und schloss sich der Großkolumbianischen Föderation an. Schon 1830 trennte sich Ecuador und wurde zur eigenständigen Republik. Die ersten Jahre waren von politischen Konflikten und territorialen Streitigkeiten geprägt. Heute ist Ecuador stolz auf seine reiche Geschichte und kulturelle Vielfalt, von den Anden bis zu den Galapagos-Inseln. Wichtiger Teil dieser Kultur ist das Volk der Quechua. 


Die Quechua in Ecuador sind Nachfahren der indigenen Völker, die einst Teil des Inka-Reiches waren. Sie gehören zur größeren Quechua-Kultur, die sich über die Andenregion (größtenteils auch Peru) erstreckt. In Ecuador lebten sie vor allem in den Hochlandregionen und behielten ihre Sprache, Traditionen und Bräuche trotz der spanischen Kolonisation. Die Quechua sind bekannt für ihre Landwirtschaft, Kunsthandwerk und spirituellen Rituale. Heute spielen sie eine wichtige Rolle in der Bewahrung der indigenen Kultur und Identität Ecuadors.




Kommentare

  1. Es braucht viel Mut, die Köpfe der Menschen in so enger Entfernung zu betrachten.

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