Samstag, 26.4.2025 Fahrt nach Misahualli
Ich habe gestern Abend noch lange auf der Terrasse meines Hostels gesessen. Leider ist mein Zimmer im dritten Stock, aber auf der gleichen Ebene ist die Küche (sehr praktisch) und eben diese Terrasse von der aus man die Stadt sehen kann und tagsüber auch die Berge. Ich sitze hier gemütlich bei einer Dose Bier, habe nach meinen Hausaufgaben ein bisschen gelesen und dann das Licht ausgemacht und einfach über die Lichter der Stadt geschaut.
Überall bellen Hunde und von der Tonlage her sind es alles Hunde mit einer Schulterhöhe von circa 15 cm. Also solche Hunde, wo Kenner sagt: Hunde die man mit einem Tritt 5 m weit schießen kann sind keine Hunde. Diese Ansicht teile ich allerdings auch. Trotzdem ist es irgendwie friedlich und ich genieße diesen Abend sehr. Aber es sind um 22:00 immer noch 27°.
In der Nacht habe ich gut geschlafen. Allerdings nicht unter der Decke, sondern auf der Decke und mit dem Ventilator auf Stufe drei direkt auf mich gerichtet, ging es trotz der hohen Temperaturen gut. Gestern im Supermarkt habe ich dann endlich mal wieder Kaffee gefunden, so dass das Frühstück heute nach meinem Geschmack war. Der Plan für heute sieht einen Ausflug nach Misahualli vor. Das ist eine Dreiviertelstunde von hier und der Bus fährt ganz in der Nähe von meiner Unterkunft los. Wie immer gehen Verkäufer durch den Bus und verkaufen alles mögliche: Getränke, Speisen, Zahnbürsten, alles, was man so braucht und jemand kommt auch mit Ceviche vorbei, aber am frühen Morgen ist das für meine Nase eine große Belastung.
Die Fahrt dauerte etwas über 40 Minuten und ging über sehr schlechte Straßen. Die Straßen waren schlecht, weil sie schlecht waren, aber auch weil offensichtlich der Regen hier sein Werk getan hat. Der Bus hielt dann im Zentrum von Misahualli an einem kleinen Platz, umringt von Restaurants und Shops. Hier laufen viele Werber herum, die Touren verkaufen wollen. Es gibt auch mehrere Agenturen und ich spreche mit einem von denen.
Auch hier wieder die unglaubliche Freundlichkeit der Leute: der Mann versucht tatsächlich in möglichst einfach im Spanisch, mir zu erklären, was man hier machen kann. Es sind allerdings überwiegend mehrtägige Touren in den Dschungel, die er vermittelt und ganz offensichtlich ist er auf Individualtouren eingestellt. Selbst die Touren, die man an einem halben Tag machen kann, sind dementsprechend sehr teuer, aber klar: individuell ist immer teuer und Gruppentouren hat er leider nicht.
Ich gehe also weiter und komme an den Strand. Das ist wirklich nett gemacht, es gibt kleine Stühle und Schirme und einige Leute sind auch im Wasser. Der Fluss fließt hier träge vorbei und ab und zu kommen auch Motorboote und stören die Ruhe . Der Strand hier heißt Playa de Los Monos. Das bedeutet Affen Strand. Der Reiseführer warnt ausdrücklich davor und empfiehlt alles, was irgendwie lose ist, weg zu packen, da die Affen alles stehlen, was sie kriegen können.
Die sind auch nicht besonders klein und können unter Umständen auch eine Armbanduhr vom Arm reißen oder eine Brille aus dem Gesicht oder eine Handtasche. Ich kenne das auch aus Asien und mache mir hauptsächlich um meine Brille etwas Sorgen..
Leider etwas zu weit von mir entfernt, sehe ich ein Tier im Wasser. Ich halte es für einen Otter, von der Größe könnte das passen. Man sieht ab und zu seinen Kopf aufs auftauchen und wenn er dann wieder unter Wasser geht, kann man einen Augenblick seinen Körper und seinen Schwanz sehen .
In den Bäumen kann man hier überall die Affen hören, sehen kann man sie allerdings nicht.
Und als ich dann an den Essensständen vorbeigehe, sehe ich zufällig Chontacuros.
Hier ein kurzer Auszug aus dem Internet dazu:
Das Gericht mit Chontacuro (in Maito und Spieß) ist typisch für den ecuadorianischen Amazonas. Sein Name stammt aus dem Quichua und bedeutet "Chonta-Wurm" oder "Mayon".
Diese Larve des Käfers Rhynchophorus palmarum (schwarzer Spickel) wird in anderen Sprachen als "Tuku" oder "Mukint" bezeichnet. Sie wird in den Bergen angebaut und es gibt zwei Arten: diejenigen, die sich in der Palme Bactris gasipaes (Chonta, auch Chontaduro genannt) oder im Meretelbaum entwickeln. Der Chonta ist der am meisten konsumierte und seine Ernährung ist aus dem Herzen dieses Baumes.Dieses Gericht ist Teil des täglichen Verzehrs der Kichwas des Amazonas und kann roh oder gekocht gegessen werden. Chontacuro hat heilende Eigenschaften, die Husten und Asthma lindern. Es ist auch eine ausgezeichnete Quelle für Proteine, Vitamine A, C und E und Mineralien. Chontacuro gewinnt aufgrund des Booms des Verzehrs von Insekten als Proteinquelle an Interesse.
Die standen eigentlich auf meiner To Do Liste, aber als ich sie dann da gesehen habe wie sie sich im Wasser lustig bewegten, habe ich doch gezögert.
Ich bin dann ein Stück am Strand entlang gegangen und habe dann doch noch jede Menge Affen gesehen.
Es sind kleine Affen, Ich denke es sind Makaken und sie sind von der Körperlänge her zwischen 30 cm und vielleicht 90 cm jeweils natürlich immer plus Beine und Schwanz. Sie scheinen die Touristen zu kennen und sind sehr frech. Sie klettern einem auf die Schulter und einem kleinen Mädchen haben sie auch versucht, den Hut wegzunehmen. Aber so richtig konnte ich mich auf die Affen nicht konzentrieren, weil mir in mir gärte etwas.
Es waren die Raupen. Und natürlich bin ich zu dem Stand zurückgegangen, wo sie verkauft wurden und wurde da dann auch Zeuge der Zubereitung. Ich habe davon ein Video gedreht, kann aber nur ausdrücklich davor warnen, es zu schauen. Schön ist das Video nicht!
Ich bin immer hin und her geschwankt, zwischen Abneigung und Neugier, Neugier und Abneigung. Aber dann hab ich der Frau gesagt, dass ich wenigstens einen davon mal probieren will. Sie nickte mir zu, lächelte mich an und sagte, dass die Freunde sehr gut schmecken würden. Dann ging es an die Zubereitung meines Mittagessens, von dem ich auch ein Video gedreht habe, von dem ich aber genauso warnen muss.
Diejenigen, die die Videos nicht gesehen haben hier die Zusammenfassung: Der Wurm wird durch Handauflegen betäubt, aufgespießt, gesalzen und dann auf den Grill gelegt. Dort braucht er circa 4-5 Minuten und ist dann serviertfertig. Er kommt auf einem Bananenblatt zusammen mit etwas weißem, was vom Geschmack her ein wenig an Kartoffeln erinnert, es könnte Maniok sein. Und dann geht es ans Essen!
Man braucht etwas Mut dazu, aber es stimmt tatsächlich, was die Frau gesagt hat: das schmeckt echt lecker! Ein wenig nussig, und wirklich lecker. Ich bin also aus zwei Gründen froh, dass ich es probiert habe: einmal wegen des Geschmacks und einmal natürlich, weil ich wieder etwas auf meiner Liste abhaken konnte.
Zur Belohnung habe ich mir dann ein Bier gekauft und mich noch mal an den Strand unter einen solchen Schirm gesetzt. Das war richtig schön, hier in der Sonne zu sitzen und auf dem Fluss zu gucken, und selbst ist es anfing, leicht zu regnen: unter dem Schirm ging es mir relativ gut . Das ist hier ein nettes Fleckchen Erde.
Eine der Attraktionen hier ist diese unselige Banane, so ein aufblasbares Ding, was hinter einem Motorboot hergezogen wird. Der Veranstalter hier hat offensichtlich eine Menge Humor und zieht die Banane mit hoher Geschwindigkeit hinter sich her, um dann eine enge Kurve zu fahren. Erwartungsgemäß kippt die Banane um und alle fallen ins Wasser. Ob das alle mögen?
Da bin ich mir jetzt nicht so sicher, weil aus dem tiefen Wasser im Fluss auf diese Banane klettern, ist nicht so einfach. Einer der Leute aus dem Motorboot springt ins Wasser und hilft den Leuten dabei wieder zurückzukommen, aber das sieht für beide sehr mühselig aus.Dann fahren die weiter und circa 20 Sekunden später dreht das Motorboot eine enge Kurve und erwartungsgemäß liegen wieder alle im Wasser. Spätestens jetzt würde mir das überhaupt kein Spaß mehr machen und ich möchte nicht wissen, was die dafür bezahlt haben.
Nach dem Bier hatte ich aber auch die nötige Bettschwere und als es dann um 2:00 Uhr wie im Wetterbericht versprochen anfing, stärker zu regnen, fand ich die Gelegenheit gut, den Bus zu nehmen und wieder zurück nach Tena zu fahren. Ein netter Ausflug. Die Rückfahrt war sehr angenehm. Durch den Regen ist es leicht abgekühlt, und im Bus waren viele Fenster offen, so dass der Fahrtwind ein angenehmes Klima erzeugt.
Nach einer kleinen Erholungszeit zog ich wieder los.
Vor einem Supermarkt steht eine größere Gruppe von Leuten und alle schauen auf den Eingang. Ich komme zuerst nicht rauf, was das soll, aber dann sehe ich es: auf einem Fernsehen läuft Fußball, es ist also ein Public Viewing.
Die lassen hier wirklich alles stehen und liegen und schauen sich Fußball an, Männer, Frauen, jeden Alters: Südamerika und Fußball: ein spezielles Thema.
Aber für mich war es jetzt wieder einmal soweit. An einem so abenteuerlichen Tag kann man auch noch ein weiteres Abenteuer angehen: den Friseur. Am Busbahnhof gibt’s eine ganze Reihe von Friseuren und ich schlendere so entlang und schaue mir an, was die tun. Bei den Männern geht es überwiegend um Undercut-Frisuren, die vielleicht unseren Fußballern gut gefallen, mir aber nicht so sehr. Speziell die Frauen in den Friseurladen merken aber mein Zögern und winken mir zu. Ich solle reinkommen.
Das ist ja fast wie im Straßenstrich. 😄
Aber eine von Ihnen lächelte wirklich ganz nett und damit hatte sie mich. Ich hatte vorher mit der Übersetzungsapp grob skizziert, was ich wollte, sie las sich das aufmerksam durch und schien es verstanden zu haben.
Und dann fing sie an zu schneiden. Von dem Augenblick kann man sowieso nichts mehr ändern, und so ließ ich es geschehen. Aber ich denke, sie ist wirklich ganz sensibel daran gegangen und als die Frisur dann fertig war, dachte ich okay, jetzt sehe ich wieder seriös aus, aber es wächst ja wieder.
Dann guckte sie noch kritisch auf meinem Bart und ich sagte: ja komm, den dann auch. Und so habe ich wirklich eine komplett Behandlung bekommen und sie hat auch viel Aufmerksamkeit den offensichtlich unzähligen Haaren in meinen Ohren gewidmet und auch denen in meiner Nase. Jetzt bin ich wieder ein Hombre mui bonito!
Fazit: ein schöner Ausflug und ein schöner Tag. Es gefällt mir hier. Alles wirkt hier sehr normal und ich habe das Gefühl, ein wenig vom Leben in Ecuador mitzubekommen. Deshalb bin ich hier.
Schöne Haare, ich wünsche Ihnen guten Appetit.
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