Donnerstag, 8.5.2025 Teleferico und Chinatown
Es ist wieder sehr heiß heute, und mein erster Weg führt mich zu einer Seilbahn (Teleferico). Hier in Santo Domingo gibt es mittlerweile drei Stück davon und ich will völlig sinnfrei mit einer einfach mal über die Stadt schweben. Die Station ist 5 km von meiner Unterkunft entfernt und der Hinweg ist einfach, weil ich mir da einen Uber gönne. Zurück werde ich zu Fuß gehen müssen, da ich ja kein Internet Zugang habe, wenn ich nicht in einem WLAN bin.
Ich hoffe, dass es bitte nicht bergauf geht, sondern dass man entspannt die paar Kilometer laufen kann. Der Weg hin ist aber dann doch nicht so einfach, weil die Stadt hier auch im Stau erstickt.
Ich habe überhaupt keine Ahnung, in was für eine Ganoven-Gegend ich jetzt komme. Aber zumindest ist es nicht mehr dieses mindestens ein wenig aufbereitete, historische Viertel, sondern das ist jetzt das echte Santo Domingo, da, wo die normalen Leute leben.
Und dann wird natürlich wieder spannend werden, wenn ich zu Fuß durch die Stadt zurücklaufen muss, durch was für Gegenden ich komme. Wir werden sehen.
Wir brauchen fast eine halbe Stunde für die paar Kilometer und kommen dann an einer sehr modernen Station an. Ich kann überhaupt nicht sehen, wo die Seilbahn hinfährt, aber das ist Teil des Abenteuers.
Zuerst ist die Bebauung sehr eng und nein, es ist keine Villengegend, über die ich hier schwebe. Alles ist sehr schmutzig, sehr kaputt und sehr chaotisch. Nach der ersten Station, die wir passieren, wird die Gegend dann etwas ruhiger und er sieht mehr nach gepflegten Häusern aus.
Wobei gepflegt natürlich nicht den deutschen Vorstellungen entspricht, sondern eher hier den südamerikanischen beziehungsweise den dominikanischen Maßstäben.
Dadurch, dass wir relativ niedrig über den Straßen schweben, hört man natürlich die knatternden Motorräder, Stimmen und Schreie von Kindern, Hähne, die krähen und Hunde, die bellen. Man fährt quasi durch das Wohnzimmer. An der nächsten Station kann ich nicht sitzen bleiben, sondern muss aussteigen und 10 m weiter zu einer anderen Gondel gehen.
Und weiter geht die wilde Fahrt.
Hier werden jetzt die Häuser vielleicht etwas höher, zweigeschossig, manche sogar dreigeschossig und während es anfangs ausschließlich Wellblechdächer waren, gibt es jetzt Flachdächer es wird auch ein bisschen grüner, aber es sind nicht viele Menschen auf der Straße zu sehen.
An der Station Charles de Gaulle schließlich endet die Fahrt, für 35 Peso kann man auch wirklich nicht mehr erwarten. Das Viertel sieht hier gar nicht so furchtbar aus, deshalb werde ich hier ein bisschen spazieren gehen.
Gegenüber von dem Bahnhof ist ein riesiger Supermarkt. Da diese Märkte immer klimatisiert sind, fühle ich mich eingeladen, das einfach mal anzusehen. Der Markt muss sich vor Märkten in Deutschland oder in anderen Industrienationen nicht verstecken.
Er ist sehr groß, sehr hell und hat ein riesiges Food- und Nonfood Angebot. Alles ist sehr sauber und sieht appetitlich aus und verschiedene Lebensmittel gibt es auch unverpackt, so zum Beispiel Reis, Bohnen, Erbsen, Linsen und Mais. Auch beim Gemüse ist das unverpackte Angebot sehr groß.
Es gibt einen Stand, wo man Kaffee probieren kann und einen anderen Stand, wo man sehr leckere kleine gebratene Würstchen testen darf. Das nutze ich natürlich, kaufe aber zum Ausgleich auch einen Apfel.
Das Viertel hier kann man als sehr lebendig bezeichnen. Auf der einen Seite gibt es kleine Shops in den von Textilien über Fleisch und andere Dinge alles mögliche verkauft wird. Dann stehen aber auch noch unzählige Kleinlaster am Straßenrand die dann von der Ladefläche aus Gemüse oder Obst verkaufen.
Es ist unbeschreiblich laut, weil viele der Shops laute Musik spielen und weil die durchfahren Autos alle sehr oft hupen. Eine absolute Pest sind kleine Megaphone. Sie haben einen kleinen Chip eingebaut und darauf kann man einen Verkaufsslogan speichern und dieser Verkaufsslogan wird in brutaler Lautstärke permanent wiederholt. Ein Megaphon wurde mich schon wahnsinnig machen, aber hier sind etliche im Einsatz. Die Gegend hier landet bei der Vergabe des Sicherheitspreises sicher nicht auf dem Platz 1, aber ich finde tagsüber ist es okay.
Insgesamt bin ich ganz froh, diesen kleinen Trip gemacht zu haben, weil ich damit aus sicherer Entfernung ein bisschen mehr von der Stadt habe sehen können. Natürlich ist das kein schöner Teil der Stadt, aber hier sieht man das Leben, wie es wirklich ist. Die Altstadt ist doch eher touristisch und komplett auf Tourismus ausgerichtet.
Bei der Gelegenheit habe ich auch etwas gelernt. Die Polizei hier hat ja auf dem Auto auf dem Rücken den Schrift Schriftzug Politur stehen. Ich habe mich immer gefragt, was das soll und jetzt weiß ich, dass es die Touristenpolizei ist: Policia Tourista oder kurz Politur
Ich halte auch hier die Teleferico für ein tolles Verkehrsmittel, vor allem, weil die Busse als Nahverkehrsmittel eine Katastrophe sind und weil der Verkehr generell sehr schlimm ist.
Ich wollte eigentlich heute zum Zoo und hatte mir auf Google mal die Strecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln angesehen. Katastrophe!
Der Zoo ist etwas über 5 km entfernt, also durchaus in dieser Welt. Der Weg ist wie folgt: Erst 6 Minuten zu Fuß gehen, dann eine Station mit dem Bus fahren, dann noch mal 10 Minuten zu Fuß gehen und mindestens 10 Minuten warten von dort aus dann sechs Stationen mit einem anderen Bus fahren, um zum letzten Umsteigepunkt zu kommen, den man nach 16 Minuten Fußweg erreicht, wo man aber auch noch 19 Minuten warten muss. Dann geht es vier Stationen mit dem dritten Bus und wenn man von da aus noch mal 29 Minuten zu Fuß geht, ist man dann am Zoo. Ich habe beschlossen, nicht in den Zoo zu gehen.
Die Strecke, die ich mit der Teleferico zurückgelegt habe, hat mich vielleicht eine Viertelstunde gekostet, vielleicht etwas länger, mit dem Auto wäre das wahrscheinlich eine 3/4 Stunde gewesen. Trotzdem wird sie meiner Meinung nach nicht besonders angenommen. Die Stationen waren ziemlich leer und die Gondeln vor und nach mir auch, während ich alleine in der Gondel gesessen habe. In La Paz habe ich, wenn ich Glück hatte, nur mit vier oder fünf Leuten in einer Gondel gesessen und da ist keine Gondel frei geblieben. Auch vom Preis her, 35 Peso, ist das ein attraktives Verkehrsmittel.
An der Telerefico Station habe ich ein Schild gesehen mit Wi-Fi. Angeblich sollte dort ein öffentliches Wi-Fi existieren und das Passwort stand auch dabei. Also suchte ich das Wi-Fi mit meinem Telefon, aber es war wohl nur ein frommer Wunsch; es existierte nicht. Ich hatte gehofft, mir damit doch noch einen Uber für den Rückweg bestellen zu können.
Also musste ich zu Fuß gehen! Draußen vor der Station stand ein Motorrad-Taxi, und ich dachte: okay, besser schlecht Motorrad fahren als gut laufen, vor allen Dingen in der Hitze. Ich sprach ihn mal an, erklärte ihm, wo ich hin will und er überlegte lange und schaute mich lange an.
Ich hatte vergessen, dass auf meiner Stirn ja „Idiot“ steht (die Umschreibung für: Tourist der keine Ahnung hat), deshalb brauchte er relativ lange, bis er einen idiotischen Preis nennen konnte.
Mit fünf Dollar war er fast doppelt so teuer wie der Uber, mit dem ich hier hingefahren bin. Ich bedanke mich herzlich und ging los.
Der Anfang war schwierig, weil der Navi im offline Modus nur die Autostrecken zeigt und nicht die, die man zu Fuß wählen will. Da muss man immer ein bisschen raten. Aber ich habe es geschafft.
Der erste Teil ging über eine elend lange Straße und auf dem Bürgersteig waren lauter Marktstände. Viele dubiose Leute waren da, und es war manchmal schwierig, da überall durchzukommen.
Manche haben mich gar nicht wahrgenommen , aber die, die mich wahrnahmen, schauten ja auch ganz gerne mal hinterher. Fotografieren hielt sich nicht für so eine gute Idee, dafür war mir die Gegend zu unsicher und auch das Handy rausholen, liess ich bleiben.
Große Teile der Strecke waren ohne Schatten, und mittlerweile war es Nachmittag, also sehr schön warm.
Oft waren auch tiefe Löcher in dem Randstreifen, den man nicht wirklich als Bürgersteig bezeichnen konnte, oder es standen Autos drauf, oder die Werkstätten hatten ihren Arbeitsbereich auf den kompletten Streifen erweitert, so dass man auf die Straße treten musste, was vor allem bei den großen LKWs und bei den Motorradfahrern ein wenig kritisch war.
Aber dann konnte man von Ferne schon die Mauer vom Alcazar sehen und da wusste ich, dass ich am Rande der Altstadt war. Und damit auch wieder in einem Viertel, wo man auch mal Kamera oder Handy rausholen konnte. Von hier aus würden es nur noch anderthalb Kilometer sein, das war im Bereich des machbaren.
Direkt bei mir auf der Straße ist ja die Kirche Iglesia de la Senora de la Mercedes, eine sehr alte Kirche (1557). Meiner Meinung nach eines der wirklich schönen Bauwerke hier in der Stadt.
Das Kirchenschiff steht auf dem wuchtigen Säulen und trotz der wenigen Fenster ist in der Kirche ein freundliches Licht.
Auch hier ist das Kreuz nicht zentraler Bestandteil des Altars, sondern es ist etwas kleiner und links versetzt, während auf dem Altar die Figur der Mercedes im Zentrum ist. Ansonsten ist in der Kirche viel Mauerwerk zu sehen, das aber sehr viel Kraft ausstrahlt. Ich war sehr beeindruckt.
Danach bin ich dann weiter gegangen nach Chinatown. Kurz vor erreichen kam ich in ein Viertel in dem auch wieder kleinen Läden waren aber auch kleine Comidas und eine Kneipe mit super cooler Musik. Ich hab mich ziemlich geärgert, dass ich das nicht vorher gesehen habe, ich weiß jedoch auch nicht, ob die abends auch aufhaben.
Aber ein sehr interessantes Viertel nach meinem Geschmack.
China Town selber ist relativ klein und bietet eigentlich die übliche Zusammenballung von chinesischen Geschäften, die mit allen möglichen Waren handeln und natürlich mit chinesischen Restaurants.
Die ganze Aufmachung und Dekoration der Häuser ist voller Drachen und andere Geschöpfe, und man hat auch auf der Straße ein paar Figuren aufgestellt, die aus der chinesischen Mythologie stammen.
Man fühlt sich zwar nicht wie in China, aber auch nicht mehr so sehr wie in der Dominikanischen Republik.
Die Stimmung in der einen illegalen Kneipe war so gut, und die ansprechende Musik so brüllend laut, dass ich nicht anders konnte, als mir da ein Bier zu kaufen.
Die Leute haben zur Musik auf dem Tisch geklopft oder Headbanging gemacht oder teilweise auch mitgesungen.
Neben mir saß ein Typ, der wollte wissen, woher ich komme und dann, ob ich Bayern Fan wäre oder Fan von Borussia.
Ich wollte jetzt nicht mit Fortuna anfangen und habe einfach Bayern gesagt.
Jetzt habe ich auch ein bisschen karibisches Feeling.
Ich gehe dann noch mal runter in Richtung Alcazar. Komme dabei auf die anderen Seite von der Ruine des Klosters San Francisco vorbei. Und von hier aus sieht das sehr beeindruckend aus.
Zufällig kam ich an einer kleinen Galerie oder einer Künstlerwerkstatt vorbei. Da es sich um moderne Kunst handelte, habe ich einen kurzen Blick hinein geworfen.
Drinnen waren zwei Typen, der eine war wohl der Betreiber dieses Ladens, der andere, so wurde er mir mit Handschlag vorgestellt, war der Künstler .
Ich sah mir die Sachen an und es war so in der Rubrik „ganz nett“. Dann erzählte mir der Künstler, dass er all die Bilder gemalt hat, und wollte dann wissen, welche mir gefallen.
Ich zeige’s dir dann auf zwei und lobte ihn, im Gegenzug wollte er mir dann diese beiden Bilder als limitierte Lithos verkaufen.
Okay, ich war also in einer Verkaufsveranstaltung gelandet.Aber die Jungs waren nett, von daher habe ich es nicht übel genommen, die müssen ja auch leben.
Mein Besuch beim Alcazar war leider nicht erfolgreich, weil er sich gerade in Restauration befand. Schade, laut Beschreibung sollte er ganz schön sein. Und so ging ich dann langsam wieder in Richtung meiner geliebten Fußgängerzone und von da aus dann in meine Unterkunft.
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